Teil 1 Espressoreise, Primavera 2022
„Kennst du das Land, wo die Zitronen blühen?“
Denk ich an Italien, denk ich an Vespa und Fiat 500. An Pizza und Pasta. An Prada und Gucci. Und an die unbeschreibliche Lebensfreude unserer südlichen Nachbarn. Und an das Licht. Ja, das Licht. Sole mio. Und ich denk natürlich an die Institution in Italien. Die Kaffeebar. Die Italiener beginnen ihren Tag mit Espresso und beenden ihn damit. Doch die Bar ist nicht nur schnöde Wach-mach-Kultur oder Ort des Genießens. Sie ist der Ort der Kommunikation. Darum ist die Kaffeebar nicht nur in Weltstädten wie Rom, sondern auch in den kleinsten Bergdörfern zu finden.
Motivation
Ich bin großer Italien-Fan. Ich liebe fast alles an diesem schönen Land. Die Landschaft, die Architektur, den Lebensstil, die Mode, Essen und Trinken. Die glücklichen Menschen und natürlich den Espresso. Ich bin Kaffeenerd. Darum habe ich mit meinem Mann Andre eine kleine Espressobar in meinen Fiat 500 eingebaut. Mutmaßlich die kleinste Espressobar der Welt: Espressino 500.
Espress(in)o-Reise nach Italien
Ich möchte zwei Röstereien am Gardasee besuchen: Omkafè in Arco im Norden des Gardasees und Caffè Roen in Affi im Südosten des Sees. Ich möchte Kontakte zu den Röstern knüpfen und vielleicht auch mit ihnen ins Geschäft kommen.
Daneben will ich mir die örtlichen Espressobars anschauen. Was ist geblieben von den ursprünglichen Bars und was hat sich dort verändert. Diesen Fragen werde ich auf den Grund (oder den Bodensatz) gehen.
Warum Italien?
Es war schon immer unser Traum, unserem Fiat seine Heimat Italien zu zeigen. Wir wollen mit ihm zusammen die Kaffeebars Italiens entdecken. Und die Röstereien stehen ebenfalls auf unserem Zettel. Das Buch „Espresso Caffè-Bars in Italien“ von Walter Vogel inspiriert uns zu einer Espressoreise nach Italien. Der Autor bringt die italienische Kaffeebarkultur auf den Punkt. Wunderschöne, stimmungsvolle schwarz-weiß-Fotos unterstreichen die Espresso-Geschichten. Eine Beschreibung sehenswerter Espressobars folgt darauf. Da entsteht die Idee, diese Kaffeebars mit dem eignen Auto, idealerweise im Fiat 500-Cabrio zu entdecken. Im warmen Mittelmeerklima mit wehenden Haaren und einer Sonnenbrille auf der Nase auf hügeligen Straßen am Wasser entlangfahren. Und Adriano Celentano singt „Azzurro“.
Das hat sich als Traum in unsere Hirne eingebrannt und hat es darum auf unsere „Bucket list“ geschafft. Diese Liste enthält alle Dinge, die wir in unserem Leben durchziehen wollen.
Größter See Italiens: der Gardasee
Der Gardasee ist für uns Nordlichter aus der Hamburger Gegend der nächst gelegene Lichtblick. Gelegen in Oberitalien, zwischen Alpen und Po-Ebene, knapp 370 km2 groß, bis 360 Meter tief. Im Norden ist der See von mächtigen 2000ern wie dem Monte Baldo umgeben. Der Süden des Sees gehört zur norditalienischen Tiefebene[1].
Um zum Lago di Garda zu gelangen, muss man etwa 1200 km oder 13 Stunden Autofahrt einplanen. Pausen nicht eingerechnet.
„5. April 2022: Sind bei Regen und 2 Grad Kälte in Hechthausen gestartet. Autobahn mit dem Fiat 500. Eine laute Angelegenheit. Das liegt nicht nur daran, dass das Auto klein, blechern und schlecht gedämmt ist. Durch den Espressobar-Ausbau gibt es die schallisolierende Rücksitzbank nicht mehr. Und darum klappert es vernehmlich im Innenraum. Und der Fiat nimmt jede Bodenwelle mit. Das liegt an seiner Kürze. Italien musst du dir echt erarbeiten.
In der Gegend von Hof machen wir die 3. Pause und checken die 1. Espressobar der Reise. Es handelt sich um eine Segafredo-Bar in einer Autobahnraststätte. Der Espresso kostet 2,95€. Die düster dreinblickende Mitarbeiterin bereitet tatsächlich zwei trinkbare Espressi zu.
Tags drauf geht die Fahrt weiter durch die Alpen. Mächtige Bergmassive, auf ihren Spitzen haben sie noch weiße Häubchen, auf denen die Sonne scheint. Und teilweise wird noch Ski gefahren. Den Brennero geschafft. Nun geht es wieder herab Richtung Bella Italia! Es ist Mittagszeit und das Thermometer steigt auf sage und schreibe 20 Grad plus! Eine kilometerlange LKW-Schlange wälzt sich Richtung „Zitronen-blüh-Land“. Röhrende, schwarzräuchernde Diesel mit Reifen fast so groß wie der Fiat quälen sich langsam auf der rechten Fahrspur.
Endlich Italien…Zum Glück tänzeln wir auf der linken Seite leichtfüßig an ihnen vorbei.“
[1] Wikipedia „Gardasee“, 09.05.3033
Über die Alpen in die Sonne
Hat man es über den Brennerpass geschafft, werden die Berge wieder flacher und die Täler weiter. Völlig unvermittelt liegt der See plötzlich vor dir. Die Insignien des Mittelmeeres, Olivenbaum und Zypresse stehen gemeinsam in friedlicher Eintracht vor dem Hintergrund der mächtigen Alpen. Wir halten am Aussichtspunkt und genießen auf einer kleinen Holzbank den 1. Blick auf den See. Ein kühler und kräftiger Wind weht uns aus Süden entgegen. Auf dem blauen Wasser liegt Nebel. Das ist hier normal. Die Kälte des Sees, der genau so tief ist wie die Berge hoch, kondensiert mit der wärmeren Luft. Dieses Phänomen kommt sogar im Sommer vor. Der See bleibt immer angenehm kühl.
Der Gardasee ist zwar noch nicht das Mittelmeer. Dafür punktet „il largo“ mit seinem einzigartigen Klima. Trotz des nördlichen Standortes gedeihen hier Wein, Oliven und sogar Zitronen. Diese werden in speziellen Gewächshäusern, sogenannte Limonaias liebevoll aufgezogen. Erfunden wurden sie im Gardaseeort Limone. Der See bietet eine unschlagbare Kombination aus Bergpanorama und blauem Wasser.
Im 2. Teil meiner Espressoreise geht es um den Vergleich von Italienischen Espressobars zu deutschen traditionellen Cafés. Ich spreche über die Institution Espressobar in Italien als Ort der Kommunikation. Und über die Barista und ihre Espressomaschine.